Trainieren wie auf 4500 Meter über Null

Aurich/Ludwigsburg (nac). Nur 70 bis 80 Prozent an Zeit oder Leistung im Training investieren und trotzdem 100 Prozent Ertrag ernten – das ist der Traum eines jeden Sportlers. Profis helfen sich mit einem Höhentrainingslager, um diesen Traum zu verwirklichen. Amateursportler können nun auch in den Genuss der Vorteile eines solchen Trainingslagers kommen – beim Institut für Höhenbalance. Das Prinzip ist einfach. Sportwissenschaftler Stefan Müller aus Aurich hat in seinem Fitnessstudio in Ludwigsburg zwei relativ luftdichte Räume eingerichtet. In diesen kann er den Anteil von Sauerstoff in der Luft regeln und so Trainingsbedingungen wie im Gebirge simulieren. „Die beiden Höhenräume sind komplett gefüllt mit Höhenluft. Die Höhenluft erreiche ich aber nicht durch den Druck. Denn bei weniger Druck im Gebirge atmet man weniger Sauerstoff ein. Und dieses Weniger an Sauerstoff kann man berechnen. Wir pusten also einfach weniger Sauerstoff in die Räume“, berichtet der Inhaber des Instituts für Höhenbalance in Ludwigsburg. „Bei Normalnull beträgt zum Beispiel der Anteil des Sauerstoffs in der Luft rund 21 Prozent. Auf 2500 Meter über Null verringert er sich auf 15,5 Prozent. Bei 3500 Meter über Null beträgt er nur noch 13,4 Prozent.“ Und das Molekül O2 lasse sich besonders leicht herausfiltern aus der Luft, da es das größte sei.

Die zweite Möglichkeit, in den Genuss der Vorteile von Höhenluft zu kommen, ist das Passiv-Atmen. Vor allem Rekonvaleszenten profitieren davon. Müller: „Wenn man verletzt ist und regelmäßig Höhenluft atmet, kann man den Verlust der Kondition verlangsamen. Das ist wie Kardiotraining im Sitzen.“

Die Vorteile eines Höhentrainings liegen auf der Hand. „In der Höhenluft verbraucht der Körper mehr Energie. Das heißt, ich kann die Zeit, die ich investiere, verkürzen und habe dennoch den gleichen Effekt. Oder aber ich kann den Aufwand verringern und dennoch meine Ziele erreichen“, berichtet Müller. „Zum Beispiel: Laufe ich in der Natur bei einem Puls von 120 bei zehn Kilometern pro Stunde, erreiche ich in Höhenluft bei gleichem Puls vielleicht nur acht Kilometer pro Stunde. Das ist vor allem auch für Rekonvaleszenten interessant. Denn man kann Forderungen von Ärzten und Physiotherapeuten einhalten, nach einer Verletzung sich nicht zu überlasten. Gleichzeitig kann man die Forderungen der Trainer einhalten, bei einem gewissen Puls das Kardiotraining zu absolvieren. Und je mehr Höhe man dem Körper vorspiegelt, desto anstrengender wird das Training.“ Die beiden Räume kann der Sportwissenschaftler bis auf 4500 Meter über Null einregeln, den Kleingenerator beim Passivatmen sogar bis 6500 Meter über Null.

In den vergangenen Wochen haben sich die Fußballer von C-Ligist TSV Aurich in Ludwigsburg fit für die restliche Saison gemacht. „Ich wohne noch in Aurich und war früher selbst beim TSV aktiv“, berichtet Müller. „Der eigentliche Anlass zu der Kooperation war aber, dass der Vorsitzende des TSV Aurich, Gunther Heidt, mein Nachbar ist und wir über das Studio ins Gespräch gekommen sind. Da die Auricher Fußballer in der Wintervorbereitung sowieso in eine Fitnessstudio gehen, war die Überlegung, das Training hier zu absolvieren.“ Und die Spieler sind begeistert. „Als Raucher merkt man definitiv, dass es anstrengender ist“, erklärt Sebastian Öhler. „Wir waren bisher zwar nur in der Halle. Aber ich komme besser zurecht als im letzten Jahr.“ Und Christian Buchgraber ergänzt: „Die verdünnte Luft merkt man überhaupt nicht. Aber ich bin neugierig, was das so ist und ob es etwas bringt.“

Quelle: Michael Nachreiner vom 05.03.2013