Üblicherweise blicken Sportvereine heute bereits auf eine mehrere jahrzehntelange Vereinsgeschichte zurück. Warum eigentlich erst 40 Jahre TSV Aurich? Nun, im ehemals fast reinen Bauerndorf und in den Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit war in der erwachsenen Bevölkerung und bei der damaligen Ortsbehörde noch wenig Interesse an sportlicher Betätigung und damit an der Gründung eines Vereins zur körperlichen Ertüchtigung vorhanden. Zudem erwies sich die Beschaffung geeigneter Einrichtungen, insbesondere eines Geländes für den Bau eines Sportplatzes im engen Kreuzbachtal als äußerst schwierig. Auch waren die Landwirte damals auf jeden Grashalm ihrer Wiesen und jede Scholle ihrer Äcker angewiesen und sahen sich nicht in der Lage, kostbaren Grund und Boden für diesen Zweck zu opfern. Die damalige Dorfjugend begnügte sich hin und wieder einem Wetz auf dem viel zu kleinen Lindenplatz, auf dem Gelände bei der Schlag-Kurve oder auf einer abgemähten Feldwiese beim Postweg, wo sich schon vor beinahe 30 Jahren zwei Mannschaften aus Unter- und Oberdorf gegenüberstanden. Da wegen Platzmangel die Eckstöße meist nicht ausgeführt werden konnten, wurde nach der ungeschriebenen Fußballregel 3 Eckbälle gleich 1 Elfmeter um Tore und das Ansehen der Rivalen gekämpft und den damaligen Stürmerstars des VfB Vaihingen nachgeeifert.

Man schrieb das Jahr 1954, als sich eine Gruppe Jugendlicher zusammenschloss, aus eigener Tasche Dress, Fußballstiefel usw. anschaffte und auf eigene Faust, ohne Meldung und Genehmigung vom Verband, wiederholt gegen Betriebs- und Vereinsmannschaften in den Nachbargemeinden antrat. Die schon damals geplante Gründung eines Sportvereins scheiterte an der notwendigen offiziellen Unterstützung bei der Beschaffung eines Sportgeländes. Um aber dem Drang nach sportlicher Betätigung nachzukommen, spielten einige talentierte Fußballer noch jahrelang in Mannschaften der Nachbarvereine, die jeden Spieler aus Aurich dankbar In ihren Reihen aufnahmen.

Noch zwölf Jahre vom Zeitpunkt dieser »Beinahegründung« sollten vergehen, ehe am 17. Oktober 1967 Gemeinderat Friedrich Schlag eine Interessentenliste zur Gründung eines Sportvereins dem ebenfalls sportbegeisterten Bürgermeister Sautter übergab. Am 27. Dezember desselben Jahres war es dann endlich soweit: Unter der Leitung von Bürgermeister Sautter, im Beisein des Sportkreisvorsitzenden Grabenstein und weiterer 58 Gründungsmitglieder, wurde im Kronensaal der TSV Aurich ins Leben gerufen. Nach gründlicher Vorbereitung und unter der geschickten Regie des Versammlungsleiters ging die Gründung reibungslos über die Bühne. Ohne Schwierigkeiten wurde die Wahl der Vorstandschaft, Abteilungs- und Übungsleiter durchgeführt, zumal sich genügend Personen spontan bereit erklärten, eine ehrenamtliche Tätigkeit im TSV zu übernehmen. Einstimmig zum ersten Vorsitzenden wurde Friedrich Schlag gewählt, der in seiner Antrittsrede für das ihm entgegengebrachte Vertrauen dankte und die Versammlung darum bat, ihm bei seiner nicht gerade leichten Arbeit um den Aufbau und das Vorwärtskommen des neuen Vereins tatkräftig zu unterstützen. Alle Hände voll zu tun hatte die Vorstandschaft in den ersten Wochen und Monaten, um einen einigermaßen geordneten Übungs- und Trainingsbetrieb in den Sparten Fußball, Turnen und Tischtennis auf die Beine zu stellen, was ohne Sportplatz und Halle nicht gerade reibungslos zu bewerkstelligen war. Während sich die Turn- und »Ping-Pong«- Freunde im viel zu kleinen Schulturnraum an Geräten und Tischtennisplatten versuchten, trainierten die Fußballer auf einem Minispielfeld oder bei Nacht und Nebel im Schulhof mit Hilfe des »Flutlichts« der Straßenlampen.

Am 18. August 1968 wurde der Spielbetrieb in der C-Klasse Staffel 2 aufgenommen. Die Heimspiele fanden auf dem Sportplatz des TSV Iptingen statt, der uns den dortigen Platz mangels einer eigenen Mannschaft freundlicherweise zur Verfügung stellte. Zu diesem Zeitpunkt liefen die Vorbereitungen für den Bau eines Sportgeländes im "Beutinger", einem Gemeinde eigenen unwegsamen Gelände, auf vollen Touren. Eine erste Sportwerbeveranstaltung im September 1968 ist in der Chronik hinsichtlich der Beteiligung und der erzielten Ergebnisse als voller Erfolg verzeichnet. Zur Auffrischung der schon damals stark strapazierten Kasse wurde eine Altmaterialsammlung gestartet und aus ca. 15 Tonnen Eisen und Papier ein stattliches Sümmchen des so dringend notwendigen Geldes erzielt. Welch guten Anklang der TSV allein im ersten Jahr seines Bestehens fand, beweist die Tatsache, dass die Vereinsfamilie von 59 Mitgliedern auf 260 Sportbegeisterte aller Altersstufen angewachsen war.

Mitte 1969 wurde mit dem Bau des lange ersehnten Sportplatzes begonnen. Mit Hilfe einer überdimensionalen Planierraupe wurden Erdbewegungsarbeiten im Ausmaß von rund 20.000 m³ durchgeführt und in nahezu 1000 Stunden Eigenleistung das Spielfeld fertiggestellt. Am 21. September 1969 konnte dann das erste Heimspiel auf eigenem Gelände gegen den Nachbarverein aus Nußdorf ausgetragen und zur Freude der nahezu 500 Zuschauer überraschend auch noch mit 5:2 Toren gewonnen werden.

Bei der Hauptversammlung am 20. Februar 1970 wurde Lutz Erler zum 1. Vorsitzenden gewählt, der von nun an die Geschicke des Vereins zu steuern hatte. Unter seiner Regie wurde vom 12. bis 14. September 1970 die offizielle Sportplatzeinweihung mit einer inzwischen installierten modernen Beleuchtungsanlage vorgenommen. Neben Vereinsmeisterschaft und Fußballpunktspiel stand der Abend des letzten Festtages ganz im Zeichen des Damenfußballs. Angefeuert von einer annähernd 1000 köpfigen Zuschauerkulisse bezwangen unsere TSV-Amazonen eine Damen-Elf aus Roßwag mit 3:1 Toren, demonstrierten guten Fußball und ließen so manchen Aktiven der 1. Mannschaft vor Neid erblassen. Was noch fehlte und für den Trainingsbetrieb der verschiedenen Abteilungen, sowie für größere Veranstaltungen von Wichtigkeit ist, war eine Sport- und Festhalle.

Beim viertägigen »Fest der Vereine« im Juni 1972, bei dem Horst Schiefer als neuer Vorsitzender für den TSV verantwortlich zeichnete, wurde der Grundstein für den Bau einer Sport- und Festhalle gelegt. Baupläne und Modelle wurden in der Folgezeit entworfen, in oft langwierigen Beratungen wieder geändert und versucht, eine optimale Lösung für dieses wichtige Projekt zu finden. Ein wesentlicher Beitrag zur Verwirklichung war das überraschend gute Ergebnis einer Spenden- und Sammelaktion in unserer Gemeinde.

lm März 1974 wurde dann mit dem Bau dieser, von allen Teilen der Bevölkerung erwünschten Sport- und Festhalle begonnen und in nur neunmonatiger Bauzeit ein Gebäude erstellt, das sich harmonisch in das Landschaftsbild oberhalb des Sportplatzes einfügt. In einer dreitägigen Einweihungsfeier vom 29. November bis 1. Dezember 1974 wurde dieses neue Schmuckstück der Gemeinde mit viel Sport, Gesang und einem bunten Unterhaltungsprogramm in Anwesenheit prominenter Gäste aus Sport, Kultur und Politik seiner Bestimmung übergeben. Es gab Unterstützung in allen Altersklassen, eine Tischtennisabteilung wurde gegründet. Unter optimalen Bedingungen konnte nun Leichtathletik und Fußball im TSV Aurich gepflegt werden.

Volksfeststimmung in der Gemeinde: Mit einem fünftägigen Jubiläumsfest hat der TSV Aurich sein 10-jähriges Bestehen gefeiert. Vom 9. bis 13. Juni 1977 hatte der TSV ein sehr umfangreiches und mit vielen Höhepunkten versehenes Festprogramm. Der Verein hatte zu diesem Zeitpunkt 499 Mitglieder. Höhepunkt war das Vaihinger Stadtturnier, das zum ersten Mal in Aurich ausgetragen wurde. Im Endspiel standen sich Riet und Vaihingen gegenüber. Der VfB holte sich damals seinen ersten Titel. Die Auricher schlugen sich in der Vorrunde achtbar. Zwei Unentschieden, ein Sieg und eine Niederlage war ihre Bilanz. Aurich ist die einzige Vaihinger Mannschaft, die den Stadtpokal in seiner 35-jährigen Geschichte noch nicht gewonnen hat. Zwar standen bereits alle neun Teams im Finale. Für den ganz großen Coup hat es beim TSV bisher allerdings noch nicht gereicht. Um diesen Pokal wird seit 1975 von den Vereinen der Stadt Vaihingen gekämpft.